XWORLD-Etappe 5: Edelweiß und Flugzeugführerscheine - Eine Reise durch Zentralasien

Die fünfte Etappe der XWORLD-Tour 2008/2009 führte die Teilnehmer von Almaty, der ehemaligen Hauptstadt von Kasachstan, weiter entlang des Grenzgebirges Talas hinein in das Landesinnere von Kirgistan.

„Unser Tourstart beginnt in einer der beeindruckendsten Städte des Landes – Almaty, die auch liebevoll „Stadt der Apfelbäume“ genannt wird. Die ganze Pracht dieser Stadt erschließt sich uns bereits im Landeanflug auf den eigenen Flughafen der Stadt. Gewaltige Gebirgszüge, deren Gipfel das ganze Jahr mit Schnee bedeckt sind, schließen die Stadt ein und lassen uns erkennen, warum die Einwohner ihre Heimat liebevoll mit einer Teeschale voll grünem Tee vergleichen. Unzählige Gärten und Parkanlagen durchziehen das Stadtbild und lassen vergessen, dass wir uns in einer Millionenmetropole befinden.

Am nächsten Morgen führt uns unser erster Weg zur örtlichen Polizeistation, da es im Land eine generelle Meldepflicht für Ausländer gibt, die innerhalb von 72 Stunden erfolgen muss.  Dort angekommen, stehen wir leider vor verschlossenen Türen. Nach diversen Versuchen einen Ansprechpartner zu finden, erfahren wir schließlich von einem vorübereilenden Passanten, dass die Station heute geschlossen bleibt. Er erklärt uns, dass es sich um den Tag der Prophylaxe handelt. Was es damit auf sich hat, kann er uns leider auch nicht erklären. Für uns bedeutet das, unseren geplanten Start vor Sonnenaufgang am nächsten Tag zu verschieben.  

Den angebrochenen Tag nutzen wir zum Sightseeing in Almaty. Zu unserem Programm gehört neben der Besichtigung  der Hauptsehenswürdigkeit, der „Heiligen Auferstehungskathedrale“, eine Stadtrundfahrt. Mit der Straßenbahn erkunden wir die kosmopolitische Stadt, deren Gesicht durch über 100 verschiedene Nationalitäten geprägt ist.  Obwohl Almaty auf dem Papier nicht mehr Zentrum des Landes ist, können wir den Pathos und die Wichtigkeit dieser Stadt deutlich spüren. 2011 werden hier die asiatischen olympischen Winterspiele stattfinden, die schon jetzt beworben werden.

Nach unserer Registrierung bei der Polizei am nächsten Morgen, geht es jetzt direkt in die Bergregionen des Talas – Alatau. Über ein noch recht gut ausgebautes Straßennetz überwinden wir schnell die ersten Höhenmeter. Wir streifen eine Landschaft, die so  vielfältig ist, wie ihr Name Alatau schon vermuten lässt: „Buntes Gebirge“. Neben einfachen Wiesen, Obstplantagen und Anbaugebieten für Gemüse sehen wir immer wieder den direkten Kontrast zu den riesigen Gebirgszügen mit den schneebedeckten Spitzen und den vielen kleinen Flüssen, die die waldbedeckten Berge durchziehen.

Wir befinden uns mittlerweile auf dem Nordzweig der Seidenstrasse und können uns nur schwer vorstellen, daß sich hier die Handelskarawanen mühselig ihren Weg über die Berge gebahnt haben.  Auf unserem Weg nach Taras, der Stadt der Kaufleute, müssen wir immer wieder Zwangsunterbrechungen in Kauf nehmen. Durch die steigenden Temperaturen und die damit verbundene Schneeschmelze sind einige kleinere Flüsse stark angestiegen und haben teilweise ganze Strassen unterspült. In den meisten Fällen können wir diese einfach umfahren. Spaß und unser erstes echtes Abenteuer erfahren wir erst, als wir einen der Flüsse direkt mit unseren Autos durchqueren müssen, da die Straße einfach fortgespült wurde.  Nach rund 350 km erreichen wir am Abend Taras und lassen den Abend in einem der unzähligen Restaurants dieser vor über 2000 Jahren gegründeten Stadt ausklingen.

Tag vier unserer Tour führt uns entlang des Ala Bel Passes in Richtung Kirgisistan.  Überall links und rechts der Straße sehen wir jetzt einzelne Jurten, vor denen Frauen damit beschäftigt sind, die Stuten und die Kühe zu melken oder die frisch gemolkene Milch zu Butter zu verarbeiten. Um die Mittagszeit beschließen wir in der Nähe einer der Jurten unsere Mittagspause zu machen und sind innerhalb kürzester Zeit von den Jurtenbesitzern umlagert und werden neugierig begutachtet  - so eine Karawane an Autos ist schließlich nicht alle Tage zu bestaunen. Mit Gestik und Mimik führen wir Gespräche und probieren gern, die uns angebotene Stutenmilch, auch Kumy genannt – das Nationalgetränk Kirgisistans. Über den Geschmack dieser Milch ist die Gruppe etwas zweigeteilt. Einigen ist sie etwas zu sauer, anderen wiederum schmeckt sie so gut, daß sie den Besitzern gleich weitere Flaschen als Wegzehrung für die Fahrt abkaufen. Nach einer unkomplizierten Grenzüberquerung nach Kirgisistan erreichen wir am Abend den Toktugul See, an dem wir für diesen Abend unsere Zelte aufschlagen.

Die nächsten beiden Tage führen uns von Toktogul, über Suusamyr in Richtung Song – Köl See. Der Weg dorthin führt uns über Serpentinen und steile bisweilen kaum noch zu erkennende Straßen. Vielerorts wurden diese durch die witterungsbedingte Erosion stark zerstört.

Entschädigt für die sehr abenteuerliche und kräftezehrende Fahrt werden wir durch eine grandiose Landschaft. Berge und immer neue Formationen lassen uns jetzt verstehen, warum Kirgisistan auch als zweite Schweiz bezeichnet wird. Über 90 % des Landes bestehen aus Berglandschaften.
Am Nachmittag erreichen wir den Song-Köl See und beziehen unsere Jurten. Für das heutige Abendprogramm haben sich unsere Guides etwas Besonderes ausgedacht. Statt des üblichen „Verpflegtwerdens“ steht heute Selbstversorgung auf dem Programm. Mit ein paar Angeln ausgerüstet, machen sich die Männer unserer Gruppe auf den Weg zum See und hoffen, unterstützt durch ein Petri Heil der Damenwelt, ein paar dicke Fische an Land zu ziehen. Mit einsetzender Dunkelheit legen wir unsere selbst gefangenen Fische auf den Grill und genießen den Abend.

Unsere nächste Tagesetappe führt uns nach Tash Rabat, einer alten Karawanserei, die in früheren Zeiten als Schutzort gedient hat. Auf unserer Fahrt dorthin streifen wir unzählige Bergwiesen, auf denen soviel Edelweiß blüht wie bei uns daheim der Löwenzahn. Immer wieder werden wir angehalten, unsere Fahrt zu verlangsamen, um kleinen Murmeltieren aus dem Weg zu fahren, denn besonders unseren weiblichen Fahrer ist an dem Wohl der niedlichen Tierchen gelegen.
Nach einem kurzen Sightseeing in Tash Rabat, beschließt die Gruppe gemeinsam einen Reitausflug hinauf zum Tash Rabat Pass zu unternehmen. In einer Höhe von ca. 4000 m erleben wir fernab allen Trubels einen jener Momente, die für immer unvergesslich bleiben werden. Mit Blick über einen der schönsten Seen des Landes können wir im Dunst bereits die Grenzgebirge zu China erkennen und lassen uns in  Minuten der Stille in dieses einzigartige Naturerlebnis fallen.

Die nächsten Tage werden die anstrengendsten Tage der Etappe sein. Zirka ein Viertel der gesamten Strecke werden wir zurücklegen. Vorbei an Kochkor überqueren wir mehrere 3000er Pässe, verlangen unseren Autos alles ab und werden dabei selbst nahezu an unsere körperlichen Grenzen gebracht. Nach endlosen Kilometern über Schotterpisten, waghalsigen Überholmanövern, die uns eingehüllt in Staubwolken nichts mehr sehen lassen, erreichen wir am 9. Tag Karakol.
Unser gemeinsames Abendessen verbringen wir ganz traditionell in einem der unzähligen Restaurants der Altstadt. Typisch traditionell bedeutet in diesem Fall, daß wir an Tischen sitzen, die in etwa die Größe eines Puppenmöbels besitzen. Wie man uns erklärt, ist diese Art sein Essen einzunehmen landestypisch, was uns jedoch nicht daran hindert, daß wir uns wie in Gullivers Reisen fühlen. Mit etwas steifen Knochen und die Strapazen der letzten Tage spürend, brechen wir zeitig zu unserem Hotel auf.


Unser nächster Tag beginnt um fünf Uhr in der Frühe. Mit unseren Autos fahren wir 5 km vor die Tore der Stadt, um einem der größten Treiben der Umgebung beizuwohnen, dem Tiermarkt. Bauern aus der ganzen Umgebung, manche sollen bis zu 200 km hierfür zurücklegen, bieten hier Schafe, Kühe, Rinder, Esel und Pferde an.
Mit unseren Autos sind wir auch hier wieder eine kleine Sensation. Man bietet uns sogar 50 Pferde für einen unserer Wagen an. Wir erklären dem Besitzer, daß er uns 173 Pferde bieten müsste und verlassen schnellstmöglich das Gebiet, als er sich mit seinen Kollegen berät, um die Anzahl an Pferden zusammen zu bekommen.

Mit kompletter Besatzung und allen Autos geht es weiter Richtung Ysyk Köl See, der auch Warmer See genannt wird. Nach unserer Ankunft im Ysyk–Köl Health Resort springen einige Wagemutige unserer Gruppe direkt in die Fluten, müssen jedoch nach einigen Minuten des Bibberns den See schnellstens wieder verlassen. Wir erfahren später von der Campleitung, daß der See lediglich warm genannt wird, weil er auf Grund seiner Größe selbst im Winter nie zufriert.

Die letzte Nacht unter freiem Himmel hatte es ziemlich in sich. Wir bekommen hautnah die Extreme dieses Klimas zu spüren und müssen in der Nacht mit einem Temperatursturz von fast 20°C auf –5°C unsere Schlafsäcke noch ein Stück enger zuziehen. Einige Bauern der Region müssen in dieser Nacht erhebliche Verluste durch Erfrierungen in ihren Herden verzeichnen.
Nach dieser letzten Campübernachtung verlassen wir am nächsten Morgen die unberührten Regionen des Gebirgslandes und bewegen uns auf das Endziel unserer Etappe zu: Bisckek – die Hauptstadt Kirgistans.

Geplant mit einem gemeinsamen Abendessen verbringen wir den Abend damit, zwei unserer Autos und deren Fahrer im dichten Verkehr von Bischek ausfindig zu machen. Die letzten 2500 km in fast absoluter Monopolstellung auf den Strassen haben ihnen im quirligen Straßenverkehr erhebliche Schwierigkeiten bereitet und sich verfahren lassen, nachdem sie den Anschluss an den Konvoi verloren hatten.

Den letzten Tag unserer Reise nutzen wir noch einmal um ganz individuell die Eindrücke dieses Landes aufzunehmen. Neben dem Besuch kultureller Orte und Sightseeing oder einer der vielen angebotenen Märchenstunden – Kirgistan ist die Wiege vieler orientalischer Märchen - oder einfach nur einem ganz „normalen“ Einkaufsbummel, auf dem einigen von uns Diplome, Flugzeugführerscheine und sogar ganze Panzer angeboten wurden, sehen wir mit einem weinenden Auge dem Ende unserer Reise entgegen – Länder, so bunt wie ihre Gebirge!