Etappe 37: Durch die unendlichen Weiten Sibiriens

Durch die Weiten Sibiriens, fernab jeder Zivilisation führte die 37. Etappe von Wladiaostok nach Irkutsk. Highlight war ohne Zweifel der größte Süßwassersee der Welt. Der Baikalsee lag direkt auf der Tour, die über weite Teile an der Transsibirischen Eisenbahn entlang führte. Von beschwerlichen Pisten, leckerem Pilzrisotto und vielen hilfsbereiten Einheimischen berichtet eine Teilnehmerin: 

„Die Ankunft in Wladiwostok verläuft problemfrei. Wir werden von unseren Guides abgeholt und haben den ganzen Nachmittag Zeit, uns zu akklimatisieren, und den ein oder anderen Blick auf die sechs Geländewagen zu werfen. Beim Abendessen in einem rustikalen Restaurant mit Russischer Küche studieren wir gemeinsam die Karte und besprechen die Route, welche uns nach Irkutsk führen soll.


Obwohl die Vorfreude auf den Start der 37. Etappe groß ist, müssen wir uns noch einen Tag gedulden, bevor wir uns hinters Steuer setzen können. Mit einem Bus begeben wir uns auf Sightseeing-Tour. Es gibt viel zu sehen. Wladiwostok ist Russlands wichtigste Hafenstadt am Pazifik – 9288 Kilometer und sieben Zeitzonen von Moskau entfernt. Wir besichtigen den letzten Bahnhof der transsibirischen Eisenbahn und fahren weiter zum U-Boot Museum und besichtigen gegen Mittag das Fort Museum. Nach einer abenteuerlichen Seilbahnfahrt gestaltet jeder seinen Nachmittag nach eigenen Wünschen. Am Abend kommen wir zu einem leckeren Abendessen zusammen und können es kaum noch erwarten, am nächsten Tag endlich los zu fahren.


Nach einer kurzen Einweisung in die Fahrzeuge, starten wir am Morgen ins Abenteuer. Erster Stopp: das Ortseingangsschild Wladiwostok. Hier schießen wir einige Fotos und bald setzt sich unsere Karawane in Bewegung. Auf asphaltierten Straßen kommen wir anfangs gut voran. Doch die erste Herausforderung lässt nicht lange auf sich warten: Am Nachmittag verabschiedet sich die Kupplung des „Tigers“.  Ein Austausch ist notwendig. Unser Guide Robert fährt den Wagen in den nächsten Ort. Hier finden wir nach drei Anläufen eine Werkstatt, in der die Kupplung bis zum nächsten morgen gewechselt werden kann. Einziges Problem: Wir brauchen einen Schlafplatz für die Nacht. Zum Glück lässt die Lösung nicht lange auf sich warten. Der Besitzer der Werkstatt überlässt uns sein privates Grundstück am Chanka See. Hier dürfen wir über Nacht unser Lager aufschlagen. Nur 30 Meter vom See entfernt zelten wir und kommen schnell mit den russischen Familien, die hier ihren Urlaub verbringen, in Kontakt. Bei einem Wodka und Lagerfeuer werden schnell Freundschaften geschlossen.


Die Nacht war schwül warm. Aber ein Bad im See erfrischt und wir starten um 8:30 Uhr. Als wir in der Werkstatt ankommen, ist die neue Kupplung bereits eingebaut. Allerdings wird noch an der Antriebswelle geschraubt. Um 11:00 Uhr ist alles repariert und wir können uns wieder auf den Weg machen. Es gilt, die verlorene Zeit aufzuholen. Deshalb fahren wir auf Asphaltstraßen bis nach Chabarovsk am Fluss Armur. Gegen Abend kommen wir an und lassen den Tag bei einem Glas Bier in einem guten Restaurant ausklingen.


Nach einer erholsamen Nacht erkunden wir die Stadt. Chabarovsk liegt am siebt größten Fluss der Welt, den wir am späten Vormittag überqueren. Wir fahren durch die jüdisch autonome Region und plötzlich offenbaren sich uns die unendlich scheinenden Weiten Sibiriens.  Das Land ist grün, die Straßen wenig befahren und in uns steigt das Gefühl von Abenteuer auf. Am Straßenrand stehen Menschen, die Pilze und Erzeugnisse aus ihren Gärten verkaufen. Wir kaufen einen Topf voller Pilze für das Abendessen. Über einen kleinen Weg versuchen wir noch einmal an den Amur zu kommen – den Grenzfluss zwischen Russland und China.

Aber wir werden angehalten. Zwei Militärposten versperren uns den Weg. Es werden sämtliche Dokumente kontrolliert. Gefühlte 50 Telefonate später dürfen wir endlich weiter fahren. Leider nicht in Richtung Armur sondern zurück... Gegen  Abend finden wir einen Platz auf einer Wiese. Dort schlagen wir unser Lager auf und lassen uns ein Pilzrisotto schmecken.


Am nächsten Morgen sind die Zelte feucht. Wir legen sie nur grob zusammen ins Auto. Nach einem guten Frühstück fahren wir weiter auf der Hauptstraße zwischen Irkutsk und Chabarovsk. Dabei ist das Wort „Hauptstraße“ ein wenig zu groß für die Piste, auf der wir uns unseren Weg bahnen. Die Straße ist im Bau. Manchmal ist sie asphaltiert, manchmal blockieren Baumaschinen und Arbeiter den Weg und  manchmal lassen die unzähligen Schlaglöcher uns nur sehr langsam voran kommen. So bahnen wir uns den Weg durch Sibirien gen Osten, entlang der Trasse der Transsibirischen Eisenbahn. Der Hauptverkehr läuft nach wie vor über die Eisenbahn und wir zählen Züge mit bis zu 90 Wagons –Wahnsinn!

Durch kleine Dörfer fahren wir und werden immer wieder von den stets freundlichen Einwohnern gegrüßt. Einen Zeltplatz finden wir auf einer schönen Wiese mit Blick auf die Trasse der Transsibirischen Eisenbahn. Anfangs hören wir die Züge noch vorbei rattern und haben etwas Bedenken, ob wir heute Nacht wohl ein Auge zu bekommen. Zum Abendessen gibt es gegrilltes Fleisch, Folienkartoffeln mit Quark und sehr lecke, russische Pfifferlinge –heute am Straßenrand gekauft und einfach köstlich! Wir schlafen alle gut. Das „ratong-ratong-ratong“ der Züge wirkt wohl doch beruhigend.


Noch ist es trocken! Wir packen zusammen und hoffen, dass die Sonne bald zwischen den dünnen Wolken durchbricht. Aber wir haben kein Glück. Die Wolken ziehen sich immer dichter zusammen und es fängt bald an zu regnen. Der Niederschlag begleitet und den ganzen Tag. Mal mehr, mal weniger. Aber er ist immer da und erschwert es uns voran zu kommen.

Wir machen nur sehr kurze Pausen und fahren viel. Ein Teilnehmer sorgt dann doch für einen etwas längeren Stopp. Er hat einen Plattfuß. Also im Regen Reifen wechseln – was kann es schöneres geben? Beim Wechseln merken wir schnell, dass ein weiterer Reifen Luft verliert – also gleich beide wechseln. Zum Glück haben wir genug Ersatz dabei. Als es schon fast keiner mehr glaubt, hört es gegen 20 Uhr endlich auf zu regnen. Wir finden einen wunderschönen Zeltplatz am Fluss mit Wiesen voller Edelweiß. Wer hätte das gedacht?  Zur Sicherheit bauen wir die Zelte schnell auf und spannen auch eine Regenplane, die wir aber glücklicherweise nicht brauchen.


Nach einem Bad im Fluss starten wir in den Tag. Unser Ziel ist knapp 300 Kilometer entfernt und heißt Chita. Bereits nach wenigen Kilometern bricht die Sonnen durch die Wolken. Endlich wieder gutes Wetter! Wir machen viele Fotopausen. Die Landschaft ist wahnsinnig abwechslungsreich – Birkenwälder, bewirtschaftete Bauernhöfe mit Kühen auf der Straße, grasbedeckte Hügellandschaften  und das bei strahlendem Sonnenschein – einfach herrlich! Am frühen Nachmittag erreichen wir Chita. Wir genießen es, etwas Freizeit zu haben. Am Abend feiern wir die Geburtstage von zwei Teilnehmern in einem Biergarten.


Sibirien steht auch heute im Programm. Es geht über sandige und staubige Pisten. Endlang der sieben Seen fahren wir gen Osten. Überall an den Seen sehen wir Russen, die hier Ihren Sommerurlaub verbringen.  Wir fahren durch kleine Ortschaften und werden von der Straße ordentlich durchgeschüttelt. Schon früh erreichen wir unseren Campingplatz direkt an einem wunderschönen, glasklaren Fluss.  Die Zelte sind schnell aufgeschlagen und das Lagerfeuer entfacht. Wir baden, genießen den Sonnenschein und die leichte, erfrischende Briese– herrlich! Irgendwann hört der Wind leider auf –an sich nicht schlimm, wären da nicht die Mücken. Wir grillen und sitzen am Lagerfeuer. Vor dem Schlafengehen können wir ein Gewitter mit vielen Blitzen beobachten. Glücklicherweise bleibt es weit genug weg.


Heute wollen wir nach Ulan-Ude, der Hauptstadt der Buryaten. Endlang der Trasse der Transsibirischen Eisenbahn kommen wir gut und schnell voran. Die Sonne scheint und wir sind bester Laune. Auffällig ist, dass wir in den Ortschaften durch die wir fahren deutlich mehr mongolisch aussehende Menschen beobachten können, die uns immer wieder neugierig und fröhlich zuwinken. Wir erreichen Ulan Ude am frühen Nachmittag und haben etwas Freizeit bevor wir uns zum Abendessen wieder treffen.


Heute ist der Tag auf den viele von uns am meisten hin gefiebert haben. Wir wollen zum Baikalsee! Von Ulan Ude sind es knapp 170 Kilometer. Wir fahren über Serpentinen, durch Wälder und Wiesen. Dann sehen wir ihn zum ersten Mal. Den Baikalsee! Vorsichtig testen wir barfuss die Temperatur und sind überrascht wie warm das Wasser ist. Schnell schlüpfen wir in unsere Badekleidung und baden im Baikal. Wir essen Mittag mit Blick auf den Baikal. Ein Ende des tiefsten Sees der Welt können wir nicht sehen –faszinierend. Wir fahren noch knapp 100 km in Richtung Norden – dort soll es die schönsten Campplätze geben – so ein Insider.  Die Plätze sind wirklich grandios nur leider hat sich der Insidertipp schon weit rumgesprochen. Überall stehen Zelte und Autos. Wir fahren noch etwas zurück und finden ein Plätzchen wo wir uns ausbreiten können.


Es ist soweit: unser letzter Fahrtag ist angebrochen. Knapp 600 Kilometer liegen vor uns. Ziel ist Irkutsk.  Allerdings verläuft das letzte Teilstück etwas anders als geplant. Nach knapp 100 Kilometer ist Schluss für das Begleitfahrzeug!  Der Hilux hat hinten rechts das Rad verloren und schnell steht fest, dass wir das auch nicht so schnell wieder drauf bekommen. Die Antriebswelle ist gebrochen. Für den Hilux geht es nur noch auf einem Truck weiter.  Glücklicherweise ist das letzte Dorf nur 500 Meter entfernt und wir treffen schnell auf hilfsbereite Armenier, die hier die Straßen bauen.

 

Nach einer guten halben Stunde haben wir einen Transporter organisiert. Der soll den Hilux in zwei Stunden verladen. Nach Ablauf der Zeit ist natürlich keiner da. Auf unsere Nachfrage kommt die Antwort: Russische zwei Stunden... Als wir gerade beschließen, dass einer unserer Guides zurück bleibt und der Rest weiter fährt, biegt der Truck um die Ecke. Das Verladen ist ein wahres Abenteuer.  Zuerst laden wir den Wagen komplett aus und verteilen das Gepäck in die anderen Autos. Dann wird der Hilux an den  vier Sicherheitsgurten mit einem Kran auf die Ladefläche des Trucks verladen.  Kaum zu glauben was Sicherheitsgurte alles aushalten!  Es kann weiter gehen.

Mittlerweile ist es 14:30 Uhr und noch liegen knapp 500 Kilometer vor uns.

Zum Abendessen gibt es geräucherten Omul (Fisch aus dem Baikal), den wir am Straßenrad kaufen. Überglücklich erreichen wir um kurz vor 12 das Hotel in Irkutsk –geschafft!


Auch unser Guide, der mit dem Truck mitgefahren ist, kam um 5 Uhr an.  Am Vormittag besichtigen wir Irkutsk und nehmen unser letztes gemeinsames Mittagessen ein. Den Rest des Tages gestaltet jeder nach seinen Wünschen. Am Abend treffen wir uns in einem sehr guten Steak-Restaurant und lassen unser Abenteuer Revue passieren. Es wird viel gelacht und alle finden es ein wenig schade, dass unser gemeinsames Abenteuer nun zu Ende ist.“